Die Pfropfung (Veredelung) ist das schärfste Werkzeug im Werkzeugkasten eines jeden Lophophora-Züchters. Sie dient als Wachstums-Booster, Lebensretter und Vermehrungsturbo. Hier erfährst Du, wie Du verschiedene Altersstufen perfekt pfropfst.
a) Grundlagen & Vorteile der Veredelung
Eine Pfropfung besteht aus zwei Teilen: dem Pfröpfling (Dein Lophophora) und der Unterlage (z.B. Trichocereus). Ziel ist es, das schnelle, wüchsige Wachstum der Unterlage auf Deinen Lophophora zu übertragen.
Warum Du Lophophora pfropfen solltest:
- Wachstumsturbo: Du erreichst deutlich schneller die Blühfähigkeit und eine imposante Größe.
- Vermehrung: Gepfropfte Lophophora bilden schneller und reichlicher Nebenköpfe, die Du wiederum abtrennen und neu bewurzeln kannst.
- Lebensrettung: Eine Pfropfung ist die letzte Chance bei Wurzelfäule oder wenn die Pflanze keine eigenen Wurzeln bildet.
- Ästhetik & Variegata: Essentiell für Variegata-Formen (mit wenig Chlorophyll), die ohne kräftige Unterlage nicht überleben würden.
- Frühere Blüte: Gepfropfte Pflanzen blühen oft deutlich früher und produzieren entsprechend früher Samen.
Wahl der Unterlage
Wähle schnellwüchsige Arten, die nicht zu stark zur Bildung von Seitentrieben neigen (so bleibt die Energie im Pfröpfling):
- Größere Lophophora: Trichocereus pachanoi (San Pedro), T. bridgesii oder T. peruvianus aber auch Harrisia jusbertii und Hylocereus (Drachenfrucht-Kaktus) eignen sich gut.
- Kleinste Sämlinge: Pereskiopsis spathulata ist ideal für die Pfropfung von Keimlingen.
Wann pfropfen?
Nur in der Wachstumsphase (Vegetationsphase) und bei einer stabilen Temperatur von über 18 °C. Dies ist im Sommer draußen oder im Winter drinnen mit Wärme und mildem Pflanzenlicht möglich.
b) Pfropfung von robusten Sämlingen (mit Pfropfröhrchen)
Diese Methode eignet sich für kleinere, aber schon robuste Lophophora-Sämlinge und nutzt Pereskiopsis spathulata als Unterlage.
Das Pfropfröhrchen-Geheimnis
Pfropfröhrchen schaffen ein feuchtes Minigewächshaus um die Schnittstelle, was die Anwachsrate drastisch erhöht. Ein Innenröhrchen mit Polsterung (z.B. Schaumstoff) fixiert den Sämling sanft und schützt ihn.
Schritt für Schritt:
- Vorbereitung: Gieße den Pereskiopsis 2–3 Tage vorher kräftig. Desinfiziere eine sehr scharfe Klinge mit Alkohol.
- Schnitt Unterlage: Schneide den Pereskiopsis im jungen Trieb gerade ab. Entferne Blätter und Dornen unterhalb der Schnittstelle (etwa halbe Länge des Röhrchens).
- Schnitt Pfröpfling: Schneide den Lophophora-Sämling knapp über der Erde gerade ab.
- Verbindung: Setze den Lophophora versetzt auf den Pereskiopsis auf, sodass sich die Leitbündel treffen, also leicht versetzt. Das Leitbündel des Pereskiopsis ist ein außen liegender Ring; das Leitbündel des Lophophora liegt mittig.
- Fixierung: Schiebe das Außenröhrchen vorsichtig über die Pflanze, schiebe dann das Innenröhrchen mit Polsterung ein und drücke es locker, aber fest genug an.
- Ruhe: Stelle das Pfropfwerk für mindestens 10 Tage halbschattig, warm und in eine Umgebung mit sehr hoher Luftfeuchte (Zimmergewächshaus).
- Entfernung: Nach 10–12 Tagen nimmst Du das Röhrchen vorsichtig ab.
c) Pfropfung von sehr jungen Sämlingen (ab 6–8 Wochen)
Für die kleinsten Keimlinge ist das Pfropfröhrchen zu grob. Hier arbeitest Du mit einer geschlossenen Umgebung zur Feuchterhaltung.
- Feuchte-Trick: Du verwendest ein Zimmergewächshaus oder einen Ziplock-Beutel bzw. eine Plastikflasche als Mini-Klimakammer.
- Fixierung: Der Sämling wird nicht fixiert, sondern hält sich allein durch die Feuchtigkeit der Unterlage fest.
Wichtige Arbeitsschritte (Zip-Lock-Methode):
- Bereite den Pereskiopsis wie oben vor und gieße ihn 2–3 Tage vorher.
- Stelle den geschnittenen Pereskiopsis zuerst in die offene, transparente Tüte (oder Flasche).
- Schneide den Keimling ab und setze ihn sofort vorsichtig und versetzt auf die feuchte Schnittfläche des Pereskiopsis (Leitbündel auf Leitbündel).
- Verschließe die Tüte (oder stülpe die Flasche mit Deckel darüber).
- Stelle das Ganze schattig und warm. Nach 10–12 Tagen langsam lüften.
Pro-Tipp1 : Arbeite immer direkt richtigen Platz, um den frisch aufgesetzten Keimling nicht durch Herumtragen zum Verrutschen zu bringen.
Pro-Tipp2 : Um den Kontakt der Leitbündel beim Mikro-Pfropfen zu optimieren, lege eine winzige, desinfizierte Unterlegscheibe (z.B. M2 oder M3) auf den Pfröpfling. Das minimale Zusatzgewicht sorgt für einen besseren Andruck und erhöht die Anwachsrate.
Videoanleitung: Lophophora auf Pereskiopsis pfropfen
d) Pfropfung großer Lophophora auf Trichocereus (San Pedro)
Diese Methode ist ideal für größere Köpfe oder zur Lebensrettung.
Benötigtes Material:
Kräftige, gut gewässerte Unterlage (Trichocereus), scharfes, desinfiziertes Messer, Gummibänder, Klarsichtfolie.
Schritt für Schritt:
- Unterlage vorbereiten: Schneide den Trichocereus glatt im frischen, jungen Trieb ab.
- Rippen abkanten: Das ist essentiell! Schneide die Rippen über 45° schräg nach unten ab. Dies verhindert, dass sich die Mitte der Unterlage beim Trocknen absenkt und so den Kontakt zum Pfröpfling verliert.
- Lophophora schneiden: Schneide Deinen Lophophora sauber über dem Wurzelansatz ab.
- Verbinden & Fixieren: Setze den Lophophora mittig, leicht versetzt (Leitbündel auf Leitbündel) auf den Trichocereus. Drücke ihn mit einer leichten Drehbewegung an, um Lufteinschlüsse zu vermeiden.
- Fixiere den Pfröpfling stramm mit Gummibändern und Klarsichtfolie. Die Fixierung muss fest sitzen, darf aber keine Quetschungen verursachen.
- Heilung: Stelle das Pfropfwerk für 10–12 Tage halbschattig und warm.
- Entfernung: Entferne danach vorsichtig Gummibänder und Folie. Der Kaktus kann nun an seinen gewohnten, helleren Standort.
Videoanleitung: Lophophora auf Trichocereus pfropfen












Alexander Neusius
Alexander Neusius